Nach wie vor gehen 80 Prozent aller Roh- sowie 50 Prozent aller geschliffenen Diamanten der Welt durch Antwerpen. In stark bewachten aber schmucklosen Büros in der kaum 200 Meter langen Hovenierstraat werden die Geschäfte immer noch per Handschlag und mit hebräischem Spruch „Mazal u’bracha“ (Glück und Segen) besiegelt. Selbst die Diamantbörse, eine von vieren in der Stadt, ist im Verhältnis zu den Umsätzen, welche hier getätigt werden, eher schmucklos und unauffällig.
Nach Angaben des Antwerpener Weltzentrums für Diamanten (AWDC) hat sich seit Jahresanfang das Interesse bei den rund 1800 in der Stadt und ihrer Umgebung ansässigen Unternehmen mit 34 000 Mitarbeitern am Erwerb von geschliffenen Diamanten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast 39 Prozent verringert. Die Einfuhr von Rohdiamanten ging sogar um knapp 59 Prozent zurück. 30 000 Diamantschleifer gab es einst an der Schelde, jetzt sind es nur noch 1000, während in Indien inzwischen 600 000 arbeiten.
Nur die Größten und wertvollsten Steine werden noch in Amsterdam geschliffen wie der sagenhafte „Lesotho Promise“. Vor vier Jahren in einer tot geglaubten Mine in Lesotho gefunden, mit 603 Karat (120 Gramm Gewicht) steht er an fünfzehnter Stelle der weltweit entdeckten Steine. Er wurde in Antwerpen registriert, verkauft, in 29 Stücke geschnitten und geschliffen.
Es gibt viele Gründe für das europäische Diamantenbusiness, in die Offensive zu gehen. Gemeinsam mit den Stadtvätern Antwerpens wurden unter anderem Pläne entwickelt, das unscheinbar wirkende Diamantviertel attraktiver für Touristen zu gestalten. Dort sollen künftig auch Läden für Edelsteine entstehen. Bisher sieht der Tourist, der sich in das Diamantviertel in Bahnhofsnähe verirrt, nur öde 60er Jahre Fassaden und ärmliche Hauseingänge. Eben nichts ungewöhnliches für ein Einwandererviertel in Bahnhofsnähe.
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