Er erinnert an süßen, goldenen Honig, an den letzten Ostseeurlaub, an Strandspaziergänge und romantische Sonnenuntergänge. Sein warmer Glanz fasziniert die Menschen schon seit Tausenden von Jahren. Die Rede ist von Bernstein, einem Schmuckstein aus fossilem Harz, welches bis zu 260 Millionen Jahren alt sein kann.
Mit Bernsteinschmuck assoziieren wahrscheinlich nicht wenige vor allem lange Ketten, die von älteren Frauen getragen werden und die man leicht an einem der Souvenirstände an der See oder vor dem Berliner Pergamonmuseum kaufen kann. Dass dieser Eindruck mehr als täuscht, zeigen jedoch die aktuellen Preziosen zeitgenössischer Schmuckhersteller, die sich dem Material auf moderne und kreative Weise nähern.
Die jüngste Ausgabe der Zeitschrift SUE (Schmuck, Uhren, Edelsteine) widmete sich dem Bernstein in seinen neuen, klaren Formen. Dabei scheinen es vor allem polnische Schmuckgestalter zu sein, die sich dem Material mit besonderem Augenmerk zuwenden. Marcin Zaremski ist einer von ihnen, doch statt die transparente, fast flüssig erscheinende Variante des Steins in den Mittelpunkt zu stellen, zeigt er dessen raue und geheimnisvolle Seite, die das Innere nur erahnen lässt. Vielleicht befindet sich ein Fossil im Herzen des Bernsteins? Vielleicht bilden Luftbläschen interessante Strukturen, die durch die milchige Oberfläche kaum zu erkennen sind? Offensichtlicher zeigen sich die Einschlüsse in den Kreationen der Edelsteinschleiferei Philipp Becker, die sich später in den Schmuckstücken internationaler Designer wieder finden. Drachenfels-Design verzichtet hingegen ganz auf ein fremdes Innenleben und setzt auf die reine Brillanz des Harzes, das in seiner Schönheit der von „echten“ Edelsteinen in nichts nachsteht.
In einem aktuellen Artikel auf sueddeutsche.de gerät Bernstein ebenfalls ins Zentrum der Aufmerksamkeit, allerdings weniger als Schmuck, sondern als mystisches Objekt. Es geht, wie sollte es anders sein, um das sagenumwobene Bernsteinzimmer, dessen Legende immer wieder neue Schatzsucher anzieht, neue Theorien heraufbeschwört und wie ein Fieber den Abenteurer erfasst. Der Verleger Tete Böttger ist einer derjenigen, die dem Zauber und der Magie des Bernsteinzimmers erlegen sind. Seine erfolglose Suche veranlasste ihn letztendlich zu der Theorie, dass das Zimmer am Ende des zweiten Weltkrieges zerstört und verbrannt worden sei. Mit dieser These steht er nicht allein da, und bei näherer Betrachtung scheint sie auch die logischste Schlussfolgerung von allen zu sein. Denn zu den physikalischen Eigenschaften von Bernstein gehört auch die gute Brennbarkeit des fossilen Harzes. Bereits bei 170 bis 200 Grad Celsius fängt das Material an zu schmelzen, bei über 300 Grad Celsius zersetzt es sich. Die Schönheit von einst wird wieder unsichtbarer Teil der Natur und wartet darauf, eines Tages neu geboren zu werden.
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